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„Lokal erzeugte Güter lokal nutzen: logischer geht’s gar nicht!“

Interview mit Guy Feyder, dem Vorsitzenden der Landwirtschaftskammer

„Die Corona-Krise hat die Wichtigkeit der Rolle der Landwirtschaft schlagartig ans Tageslicht gezerrt“, erklärt der Präsident der Landwirtschaftskammer, Guy Feyder. Foto: LWK

Der Präsident der Landwirtschaftskammer (LWK) Guy Feyder unterstreicht in seinen Ausführungen die Systemrelevanz der Landwirtschaft, analysiert die Effekte der Corona-Krise und hebt den Erfolg der Labels „Produit du terroir“ und „Sou schmaacht Lëtzebuerg“ hervor.Herr Feyder, inwieweit ist die Landwirtschaft prinzipiell systemrelevant?Guy Feyder: Alles Lebende braucht Ernährung! Landwirtschaft ist die Grundlage der menschlichen Ernährung. Ganz gleich, welches Gesellschaftssystem unserem Funktionieren zugrunde liegt, ohne Landwirtschaft geht gar nichts. Sie ist zum Leben so unabkömmlich wie Sauerstoff zum Atmen.Im Gegensatz zu früheren Zeiten hat unser modernes Zusammenleben eine Arbeits- und Aufgabenteilung in allen Bereichen ergeben, die heute einem vergleichsweise kleinen Teil der Bevölkerung den Auftrag der Ernährungssicherung überträgt. Die Systemrelevanz der Landwirtschaft war und bleibt auch in Zukunft unangetastet, ganz gleich, wie viele Arbeitskräfte sie beschäftigt oder wie viele Produktionsstätten auf sie entfallen. Die Corona-Krise hat die Wichtigkeit der Rolle der Landwirtschaft schlagartig ans Tageslicht gezerrt. Was jahrzehntelang verdrängt, unbedacht oder verborgen geblieben ist, haben zeitweise leere Regale im Nu geschafft: das fühlbare Bewusstsein, dass Lebensmittelproduktion erst einmal stattfinden muss, ehe sie verfügbar ist.

Welche Bereiche der Landwirtschaft sind nicht nur systemrelevant, sondern besonders unabdingbar für die Gesellschaft?

Die gesamte Landwirtschaft mit vor- und nachgelagerten Bereichen machen die Systemrelevanz aus. Das Funktionieren der Gesellschaft, in der statistisch gesehen ein Lebensmittelproduzent gleich 400 Konsumenten ernährt, beruht darauf, dass die Einzelteile der Systemketten aufeinander abgestimmt sind und sich aufeinander verlassen können. Ohne Produktionsmittel wie Saatgut, Dünge- und Pflanzenschutzmittel, Futtermittel, aber auch Ersatzteilbeschaffung und Reparaturen von Geräten sowie Unterhalt der Gebäude usw., kann Landwirtschaft nicht zufriedenstellend funktionieren. Ohne Abnahme der Produkte – Milch, Fleisch, Getreide, Gemüse, Obst und Trauben – kann das System nicht bestehen. Fällt ein Teil der Kette aus, so gerät das Ganze ins Stottern.

Vor Jahrhunderten war jedermann noch Selbsternährer und den Unbilden der Natur direkt ausgeliefert. Aus jener Zeit ist bekannt, dass regelmäßig Hungersnöte über das Land zogen. Die Effizienzsteigerung der Landwirtschaft hat in unseren Breitengraden den Hunger besiegt und erlaubt obendrauf gesunde Ernährung zu historisch niedrigen Kosten. Viel zu lange sind diese Aspekte in der öffentlichen Wahrnehmung bewusst verdrängt worden. Der Preis dafür ist das Sterben der Höfe, die Branche steht seit Jahrzehnten unter starkem ökonomischem Druck und musste sich wohl oder übel anpassen. Die Globalisierung hat den Wettbewerb um die Märkte angefeuert. Den Irrglauben, Konkurrenz bringe neben niedrigen Preisen auch Versorgungssicherheit, hat die Corona-Krise überdeutlich widerlegt.

Welche Konsequenzen entstehen, wenn wichtige Teile der Landwirtschaft für einige Zeit ausgesetzt werden müssen, zum Beispiel wegen einer Epidemie oder Pandemie, die die Tiere betreffen?

Wie kann die Landwirtschaft sich auf eine solche Eventualität vorbereiten? Tierseuchen können verheerende Ausmaße annehmen. Der Veterinärverwaltung obliegt es, ein wachsames Auge auf die internationalen Entwicklungen zu werfen. Die in direkter Nachbarschaft zu unserem Land entdeckte afrikanische Schweinepest unter Wildschweinen führt uns vor Augen, dass moderne Produktionsverfahren zwar ein Höchstmaß an Seuchenschutz bieten, jedoch nicht restlos vor Epidemien schützen können. Es gilt hier: vorbeugen ist das Maß aller Dinge!

Rechnen Sie damit, dass das Kauf- und Konsumverhalten der Luxemburger sich wegen und auch nach Corona ändern wird?

Das landbekannte Label „Produit du terroir“ der Landwirtschaftskammer, aber auch viele weitere Labels im Lebensmittelbereich wittern zurzeit wieder Morgenluft. Die zunehmende Beliebtheit und das wachsende Bewusstsein um lokale Produkte aus unserem nationalen Garten- und Weinbau sowie der Landwirtschaft bescheinigen die Weitsicht der Verantwortlichen der Landwirtschaftskammer in den Anfangsjahren.

Die Covid-19-Krise wird diesen Trend noch beschleunigen. Die Landwirtschaft wird sich dieser Entwicklung ganz sicher stellen. Dabei hat sie alles Nötige parat: Kompetenz, Professionalität, lokale Ressourcen wie Boden, Tiere, Kulturen und Verarbeitungsunternehmen. Lokal erzeugte Güter lokal nutzen: logischer geht’s gar nicht!

Voraussetzung dafür ist allerdings, dass unsere wichtigste Ressource, der fruchtbare Boden, erhalten bleibt. Aber auch unsere Betriebsleiter brauchen gesellschaftliche Anerkennung und politische Unterstützung. Wenn aus der Krise eine Lehre gezogen werden muss, dann dass die Landwirtschaft tatsächlich überlebenswichtig war und auch bleiben wird. Es muss sich um sie gesorgt werden!

Wie kann die Landwirtschaft gerade diese Vorzüge der Regionalität verdeutlichen und sie den Konsumenten darlegen?

Die Landwirtschaftskammer ist gerade dabei, sich eine neue Funktionsstrategie zu geben. Ein besonders wichtiger Teil davon wird die Kommunikation mit und über die Landwirtschaft sein. Zur Bewusstseinsbildung um lokale Produkte gehört ebenso, über deren Entstehung zu informieren. Viele gute Ansätze gibt es bereits, über die Vorzüge der heimischen Landwirtschaft zu berichten. Die Foire Agricole ist hier ein beredtes Beispiel und lässt erkennen: Landwirtschaft geht jeden etwas an!

Wie begleitet die Landwirtschaftskammer die Bemühungen des Sektors konkret?

Die Landwirtschaftskammer als Träger des Labels „Produit du terroir“ sowie „Sou schmaacht Lëtzebuerg“ fördert mit staatlicher Unterstützung große Teile der landwirtschaftlichen Produktion. Sie garantiert mittels einem Lastenheft die Herkunft der Produkte und hilft den Selbstvermarktungsbetrieben, sich auf der FAE, aber auch online darzustellen. Auch in diesem Bereich hat sich die Absatzdynamik während der Covid-19-Krise deutlich beschleunigt.

„Sou schmaacht Lëtzebuerg“ ist eine Werbekampagne für nationale Produkte im Restaurationsbereich. Sie verpflichtet dazu, luxemburgische Produkte und Zubereitungen gut sichtbar auf der Menükarte auszuweisen. Mehr als 150 Restaurationsbetriebe machen mit. Diese Entwicklung ist ermutigend und verdient weitere Unterstützung! Von Claude François