Sich neue Lebensziele im Alter setzen
Georges D. (82) wusste schon immer, dass er nach der Pensionierung endlich Zeit dafür haben würde, wofür sie nie gereicht hatte, als er täglich nach dem Weckerklingeln zur Arbeit gehen musste. „Ich habe in der Schule gearbeitet und so, wie sie sich in den letzten Jahren meines Berufslebens entwickelte, hat sie mir keinen Spaß mehr gemacht. Die Kinder sind anders geworden, ihre Eltern sind anders geworden, die Stellung des Lehrers ist anders geworden“, bedauert Georges und wendet sich seiner Gartenarbeit zu.
Umso mehr freute er sich auf den Ruhestand, um mehr Zeit mit seiner Frau verbringen zu können. Endlich konnten sie verreisen, wann sie wollten, und nicht dann, wenn das ganze Land in die Ferien ging. Endlich konnte er Pläne beliebig ändern und Aufgaben auf einen anderen Tag schieben, nur weil ihm danach war.
Und er entdeckte ein neues Hobby: „Früher habe ich nur den Rasen gemäht und meine Frau kümmerte sich um die Blumen“, so Georges. „Aber jetzt züchte ich die Rosen selbst: Ich kann sie zurechtschneiden, oder beim Wachstum korrigieren und sie in die Form bringen, die mir gefällt. Im Gegensatz zu den heutigen Schülern, habe ich über meine Rosen eine vollkommene Kontrolle lacht der ehemalige Lehrer, als er vor seinem perfekt gepflegten Garten steht.
Neue Herausforderungen
Die Rente und das hohe Alter bringen aber nicht nur die lang ersehnte Freizeit, sondern oft auch neue Herausforderungen wie Krankheiten oder den Tod des Partners mit sich. Roger G. (85) hat erst kürzlich seine Frau verloren, mit der er seit 62 Jahren zusammen war und ohne die er sich sein Leben kaum vorstellen konnte. Schöne Reisen, Gartenarbeit oder ein Hund war für ihn keine Option, denn ihm fehlte nicht die Ablenkung, sondern die Gesellschaft seiner Frau, mit der so viele Erinnerungen zusammenhingen.
Roger blätterte durch die Alben mit den alten Fotos und fing an, sie zu digitalisieren: „Es war mir klar, dass, wenn ich auch nicht mehr da bin, meine Kinder und Enkel damit nichts anfangen können werden, wenn ich die Bilder nicht systematisiere“, sagt Roger und zeigt die Berge an alten Fotoalben, die er sorgfältig einscannte, jedes mit Personennamen und Jahren markierte und auf der Festplatte seines Computers speicherte. „Ich habe mich auch von meiner Schwiegertochter vor der Kamera interviewen lassen, um meine Kindheitserinnerungen festzuhalten, und werde noch unsere Genealogie niederschreiben. Früher oder später werden meine Nachfahren das brauchen“, davon ist Roger überzeugt.
Neues Herzglück
Helga B. (67) ist frisch pensioniert – und verheiratet! Die früh verwitwete Krankenschwester erzog ihren Sohn alleine. Sie trug ihre Oma zu Grabe, die in frühen Jahren mit dem Kind geholfen hatte, dann die Mutter, die sie in den erwachsenen Jahren begleitete. Als auch ihr Sohn aus dem Haus war, merkte sie, wie einsam sie war. Über ihren jetzigen Mann erzählt sie: „Ich kenne ihn seit ca. vierzig Jahren, aber erst als wir weit über fünfzig waren, hat sich unsere Freundschaft entfaltet. Er war inzwischen geschieden, seine Tochter war ebenfalls längst aus dem Haus.
Eines Tages sind wir uns zufällig beim Spazieren wiederbegegnet. Wir merkten, dass wir gerne über dieselben Bücher reden und die gleichen Filme schauen. Mein Hund mochte ihn gleich und wir haben uns zum Spazieren am nächsten Tag verabredet. Nun ja, das sind schon sieben Jahre her, dass wir zusammen sind, und sieben Monate davon verheiratet“, lächelt Helga verlegen. Sie wohnen offiziell immer noch separat, aber die Zeit verbringen sie wochenweise mal bei ihr, mal bei ihm, und wenn einer von der Zweisamkeit eine Pause braucht, bleiben sie bei sich.
Altbewährtes Rezept
Lange leben und gesund bleiben, Erfahrung sammeln und sie für die Jugend zugänglich machen, die Natur genießen und für gute Gesellschaft sorgen, ist die bewusste Wahl des „dritten Aktes“, die jeder treffen kann. Damit die moderne Medizin und die Technologien nicht nur das Leben verlängern, sondern auch dessen Qualität erhöhen. Jedoch schwören die meisten Menschen, die im hohen Alter physisch und mental fit bleiben, nach wie vor auf dasselbe Rezept der Langlebigkeit: viel unternehmen und für andere da sein. Inna Ganschow