Aus einfacher Pho Hanoi wurde opulente Pho Saigon
„Reis ist die treue Ehefrau, auf die du dich verlassen kannst. Pho ist die kokette Geliebte, für die du dich davonstiehlst, um sie zu besuchen“, lautet ein vietnamesisches Sprichwort. Anfangs köchelte in den Töpfen Rinderbrühe, Ende der 1930er Jahre kamen auch Hühnerin den Topf. Mit Vietnams Teilung 1954 in den kommunistischen Norden und den westlich orientierten Süden flohen viele Vietnamesen gen Süden – samt ihrer Rezepte. Aus der eher puristischen Pho Hanoi, gewürzt mit Kardamom, Sternanis und Cassia-Zimt, wurde die opulente Pho Saigon. Zu den bisherigen Gewürzen kamen Gewürznelken, Koriandersamen und eine Art Kandiszucker hinzu. Separat reichte man Kräuter und Sprossen dazu und tunkte das Fleisch in Hoisin- und Chilisoße.
Die Suppe habe inzwischen einen wichtigen Stellenwert im Land, sie sei aber nicht das Gericht Vietnams, sagt Leistner. In Zentralvietnam etwa spiele sie keine Rolle. „Ihren Kultstatus erhielt die Pho erst im Ausland“, betont der Foodblogger.
Lam Nguyen Thi kocht in ihrem Hamburger Restaurant Xich Lo die klare Variante des Nordens: „Im Süden essen sie die Pho mit Hoisin-Soße, mit Mungobohnensprossen, Basilikum und Salatblättern. Im Norden gibt man Fischsoße, Koriander und Minze dazu.“ Die Fischsoße aus Anchovis und Salz verleiht der Brühe ihren vollen Geschmack.
Suppengemüse mit Sellerie & Co nichts für die Pho
Bei der Zubereitung von Pho Bo oder Pho Ga kommt es ganz profan auf Knochen an. Eine selbst gemachte Pho Bo ist nicht aufwendiger als eine europäische Rindfleischsuppe, so Leistner. Beides verlangt Zeit und Geduld. „Unverzichtbar sind Knochen, Fleisch, Pho-Gewürze, Zwiebel, Ingwer, Fischsoße, sonst ist es keine Pho“, betont Leistner. Bei uns übliches Suppengemüse wie Karotte, Sellerie, Lauch und Lorbeerblatt würden die Pho verfälschen.
Lam Nguyen Thi röstet Ingwer und Zwiebel zuvor an, damit diese leicht karamellisieren und der Brühe Röstaromen verleihen. Die Pho-Gewürze aus Kardamom, Cassia-Zimt und Sternanis gäben der Pho ihren ganz eigenen Duft, meint sie. Knackpunkt der Zubereitung ist, die Knochen gründlich unter fließendem lauwarmen Wasser zu säubern. Danach zusammen mit Kochfleisch wie Beinscheibe, Brust oder Hochrippe in einen Topf mit ausreichend kaltem Wasser ohne Deckel aufkochen.
Erst nach vier Stunden ist die Brühe kräftig genug
Sobald sich Schaum bildet, das Wasser abgießen und die Knochen erneut unter fließendem Wasser reinigen. Alles in einem sauberen Topf abermals aufkochen, Schaum entfernen, geröstete Zwiebel und Ingwer dazugeben und bis zu vier Stunden ohne Deckel simmern lassen. Nach zwei Stunden nimmt man das fertig gegarte Fleisch heraus, gibt die Pho-Gewürze hinein und würzt mit Fischsoße, Kandiszucker und Salz. Zum Schluss Knochen und Gewürze entfernen, die Brühe durch ein feines Sieb passieren und notfalls nachwürzen. „Die Brühe darf kräftig sein, da sie im Geschmack nachlässt, sobald die Reisbandnudeln dazukommen“, empfiehlt Kochbuchautor Leistner. Denn zur Pho passen nur Reisbandnudeln. Sie weicht man 30-45 Minuten in Wasser ein und gart sie kurz in kochendem Wasser. Kenner verteilen sie in Suppenschalen, legen gekochte sowie rohe dünn geschnittene Rindfleischscheiben darüber und übergießen alles mit der Brühe. Als i-Tüpfelchen streut man klein geschnittene Frühlingszwiebel und Koriander darüber. Je nach Geschmack Fisch-, Hoisin- oder Chilisoße, Limette, Bohnensprossen und Kräuter dazureichen. dpa