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Frappieren und Chambrieren

Für jeden Wein gibt es eine ideale Temperatur – manchmal muss man nachhelfen

Je höher der Tanningehalt, desto höher sollte im Prinzip die Temperatur sein, mit der ein Wein kredenzt wird.

Weinliebhaber passen nicht nur akribisch auf die gute Lagerung ihrer Flaschen auf, sondern sie achten auch auf die richtige Temperatur beim Servieren. Dabei gibt es einiges zu beachten.Enttäuschung! Man hatte sich so auf diesen Wein gefreut, einen Top-Bordeaux aus einem Top-Jahrgang, aber nun das! Ziemlich herb, tanninhaltig, der Gaumen zieht sich zusammen. Wo ist nur diese schöne Frucht geblieben, die man in Erinnerung hat und die jetzt von den Gerbstoffen erdrückt wird?In dem hier beschriebenen Fall war der Wein möglicherweise noch verschlossen und hätte einige Jahre im Keller verbringen müssen. Aber wenn ein guter, renommierter, an sich schon trinkfertiger Wein mit der falschen Temperatur serviert wird, dann kann der Genuss auch auf der Strecke bleiben.Schwere Weine vertragen keine kalten Temperaturen. Ganz davon abgesehen, dass man körperreiche, noch etwas junge Crus einige Stunden vor dem Trinken öffnen sollte, damit sich die Aromen entfalten können, muss man unbedingt auf die ideale Temperatur achten.

Raumtemperatur, ein irreführender Begriff

Je höher der Tanningehalt, desto höher sollte im Prinzip die Temperatur sein. Ein Bordeaux oder ein Bolgheri fühlen sich bei 18 Grad pudelwohl. Wohlbemerkt – 18 Grad Servier-Temperatur, aber in den meisten Räumen herrschen kuschelige Temperaturen von 20 Grad oder mehr. Der Begriff Raumtemperatur, der gerne bemüht wird, ist demnach irreführend. Er stammt aus Zeiten, in denen Wohnzimmertatsächlich erheblich kühler waren.

Wer jedoch einen Weinklimaschrank besitzt, lagert die schweren Rotweine bei niedrigen Temperaturen, denn ein großer Bordeaux reift langsam heran und sollte permanent kühl lagern. Was also tun, um ihn auf die richtige Trinktemperatur zu bringen? Im Grunde... nichts, außer den Wein einige Stunden vor dem Servieren aus dem Schrank zu nehmen und ihn langsam auf natürliche Weise wärmer werden zu lassen. Das ist das Prinzip des Chambrierens. Auf keinen Fall sollte man ihn an einen viel zu warmen Ort stellen! Und wenn es einmal schneller gehen muss, dann lohnt es sich, den Wein in eine Karaffe zu geben oder ihn direkt in (große) Gläser zu füllen – so kann er zugleich Sauerstoff tankenen und sich schneller öffnen.

Übrigens ist Rotwein nicht Rotwein: Sehrtanninhaltige Weine vertragen die höchsten Temperaturen, also etwa 18 Grad Celsius, während leichtere Weine wie ein Pinot Noir sich bei 15, 16 Grad wohl fühlen. Noch leichtere Crus, wie ein Beaujolais, der vor allem auf Frucht setzt, sind bei 13 bis 15 Grad ideal zu trinken.

Kopfüber in den Eiskübel

Auch Weißweine verlangen nach der idealen Temperatur, häufig wird der Fehler gemacht, Weißweine viel zu kalt zu trinken. Es ist natürlich praktisch, den Riesling und den Pinot Gris im Kühlschrank aufzubewahren, aber dabei kommen sie nicht auf Idealtemperatur. Ein großer Riesling aus exzellenter Lage oder ein fetter Pinot Blanc entfalten ihren Duft und ihre Geschmacksaromen viel besser bei acht bis etwa elf Grad. Auch bei Weißweinen gilt: Je konzentrierter, je schwerer und alkoholhaltiger, desto höher darf die Temperatur sein. Ein Barrique-ausgebauter Chardonnay oder ein gewaltiger Condrieu, der schon mal 15 Volumen Alkohol erreichen kann, schmeckt viel intensiver und füllt den Gaumen besser bei Temperaturen um 11, 12 Grad! Schaumweine vertragen übrigens kühlere Temperaturen, ab etwa 8 Grad.

Was also tun, wenn eine Flasche Weißwein zu warm oder zu kalt ist? Im ersten Fall greift man am besten auf die Technik des Frappierens zurück: Man stellt die Flasche in einen Kübel mit Eis und mit Wasser, und wartet, bis die gewünschte Temperatur erreicht ist. Perfekt gelingt dies, indem man die Flasche kopfüber in den Eiskübel stellt, nach ein paar Minuten einmal umdreht und dann wieder in den Kübel setzt. Auf diese Weise wird der Wein gleichmäßig kalt. Übrigens kann man auch zu warme Rotweine frappieren, aber sehr behutsam, in nicht zu kaltem Wasser und vor allem nicht kopfüber.

Und wenn der Wein zu kalt ist? Ganz einfach: Aus dem Kühlschrank nehmen und einige Zeit stehen lassen, dann kommt er automatisch auf Temperatur... Von Marcel Burmer