Die Tautropfen bringen die saftige Wiese an den Ufern der Mosel in den frühen Morgenstunden zum Glitzern. Noch versteckt sich die Sonne hinter dem dichten Laub der umstehenden Pappeln, doch in nur wenigen Minuten wird sie den Ort von der Feuchtigkeit der vergangenen Nacht befreien und uns einen heißen Tag bescheren.
Momente wie dieser zählen zu meinen schönsten Kindheitserinnerungen. Als wäre es gerade erst gestern gewesen, sehe ich mich noch auf einem Campingstuhl zwischen meinem Großvater und meinem Onkel sitzen, meine erste Angel in den Händen, auf ein Zappeln, ein Ziehen oder nur ein leichtes Zupfen wartend.
Heimische Idylle
So ein Angelausflug kann für Kinder zur regelrechten Geduldsprobe werden. Denn manchmal können Stunden vergehen, ehe sich ein Fisch dazu bereit erklärt, anzubeißen. Aber, wie könnte es auch anders sein, spätestens in dem Moment, in dem man seine Aufmerksamkeit dem von der Oma mit viel Liebe zubereiteten Sandwich zuwendet, fällt einem auf, dass der Schwimmer längst in die Untiefen des Flusses versunken ist. Eine Entscheidung muss gefällt werden: gibt man sich nun seinen Gelüsten hin und beißt in das üppig belegte Brötchen oder rettet man doch lieber schnell die Angelrute, die riskiert, jeden Moment ins Wasser gezogen zu werden? In meinem Fall waren die Reflexe meiner beiden Begleiter meist ausgeprägter und der Fisch schneller aus dem Wasser als ich meinen Snack wieder in der Kühltasche verstauen konnte.
Norwegische Action
Auch wenn wir stets gemütliche Tage an "iiser Musel" verbrachten, so waren uns Ukelei, Forelle und Rotfeder irgendwann dann doch zu wenig - weshalb es seit-her fast jährlich in den Angelurlaub nach Norwegen geht. Und hier bleibt kaum Zeit, auch nur einen Gedanken an das leckere Sandwich der Oma zu verlieren! Dank spezieller Angelmontagen, die mit drei Ködern ausgestattet sind, kommt es hier nicht selten vor, dass auch drei Fische gleichzeitig anbeißen! Und wer drei Dorsche von jeweils etwa 40 cm Länge aus über 50 Metern Tiefe an die Wasseroberfläche befördern möchte, der kann schon mal ins Schwitzen geraten!
Norwegen ist das Anglerparadies par excellence. Besonders in den Fjorden zwischen Romsdalsfjord und den Lofoten sammeln sich die Fischpopulationen der Nord- und Südregionen - darunter Dorsch, Seelachs, Flunder, Rotbarsch u.v.m. - und garantieren eine reiche Beute. Da Motorboote bis 25 PS hier auch von Personen ohne Führerschein gefahren werden dürfen, bietet das Land auch Anfängern einen leichten Zugang zu der beliebten Freizeitaktivität.
Unterwasserberge, Sandbänke, lange Gräben: die Untiefen vor der Küste und in den weiten Fjorden der Region sind so vielseitig wie die Natur an ihrer Oberfläche aber auch tückisch! Auf ihre Kosten gehen jährlich zahlreiche Bootsschrauben, die den Felsen zu nahe kommen und Angelmonturen, die sich am Grund des Meeres verhaken oder von den scharfen Kanten des felsigen Gesteins vom Nylonfaden abgetrennt werden. Hier ist also äuBerste Vorsicht geboten!
Anders als an Fluss oder See nutzt man beim Meeresangeln keinen Schwimmer als Bissanzeige. Bei Wellengang wäre dieser ungefähr so nützlich wie ein Sandkasten in der Wüste. Durch das vergleichsweise schwere wicht am Ende der Schnur entsteht eine gewisse Spannung. Ist ein Fisch am Köder ,,zugange", so äußert sich dies durch ein Zittern der Angelspitze. Spätestens aber wenn er versucht, mit seiner Beute die Flucht einzuschlagen, bemerkt dann auch der Laie, dass nun Kurbeln angesagt ist - und ist sich unschlüssig darüber, ob er denn nun auf drei oder ,,nur" einen Fisch hoffen soll.
Magische Momente
Zahlreiche norwegische Ferienanlagen haben sich in den letzten Jahren auf die große Nachfrage hin auf Angelreisen spezialisiert und verfügen meist, neben einem eigenen Bootsverleih, über die nötige Ausstattung, die Fische auszunehmen, zu lagern und zuzubereiten. Aber die meist etwas abseits, dafür direkt am Wasser gelegenen Anlagen lassen nicht nur Anglerherzen höherschlagen. Die Region ist so weitläufig, dass man hier nur selten anderen Touristen begegnet.
Beim Schippern durch die magischen Fjordlandschaften kann es schon mal vorkommen, dass man einem Adler, einem Seehund oder sogar einem Wal begegnet. Aber auch an Land kommen Abenteurer nicht zu kurz. Die Region ist bekannt für seine riesige Rotwildpopulation und wer das Wandern liebt, der wird nicht selten mit glitzernden Seen und tosenden Wasserfällen belohnt! Nathalie Burg (Text & Fotos)