Während Jahrzehnten war die Ortschaft Mersch hauptsächlich bekannt wegen der mächtigen Getreidesilos, die schon von Weitem zu sehen waren. Als sich vor drei Jahren die Abrissbirne daran machte, das Wahrzeichen Stück für Stück abzutragen, war das bisherige Agrocenter Geschichte.
Fast zeitgleich begann eine Mutation, die nicht nur das Erscheinungsbild der Ortschaft bestimmen wird, sondern ebenfalls aus der eher verschlafenen, ländlichen Umgebung eine städtische, lebendige Stadt machen wird. Die attraktive Lage mitten im Land hilft dabei sicherlich, die Entwicklung zu beschleunigen. Sogar der geographische Mittelpunkt des Großherzogtums liegt auf dem Gebiet der Gemeinde Mersch im ,,Pettenerbesch", wozu Bürgermeister Michel Malherbe scherzhaft sagt: ,,An uns führt eben kein Weg vorbei."
Baustellen allerseits
Seit Anfang dieses Jahres hat die Gemeinde die Einwohnerzahl von 10 000 überschritten. Dies bedeutet, dass ab den kommenden Gemeindewahlen im Juni 2023 die Anzahl der Mitglieder im Gemeinderat sich um zwei erhöhen wird. Es bedeutet ebenfalls, dass die Gemeinde ab dann von einem Vollzeitbürgermeister geleitet wird. Die zahlreichen Baustellen, die vor allem den Hauptort der Gemeinde kennzeichnen, werden für die absehbare Zukunft ein Teil des Alltags in der Gemeinde bleiben. ,,Für die kommenden Jahre ähnelt Mersch einem schweizer Käse", wie Bürgermeister Malherbe zu sagen pflegt und meint damit die vielen Löcher, die durch die Baugruben entstehen. Die Struktur des Ortes wird sich in den kommenden Jahren also beträchtlich verändern. Als erstes der Großprojekte dürfte bis Mitte kommenden Jahres der vollkommen neu gestaltete Bahnhof fertig gestellt sein. Die dadurch erhoffte Erhöhung der Zugverbindungen wird Mersch noch näher an die Hauptstadt bringen. Das neue Parkhaus gleich neben den Gleisen soll für problemloses, schnelles Umsteigen sorgen, falls die Anschlüsse an die Busse nicht genügen.
Sich treffen & feiern
Städteplanerisch gesehen macht ein Projekt in der Rue des Prés den Anfang der anstehenden Veränderung. Dort, wo bis vor wenigen Jahren die Druckereihallen der landesweit bekannten ,,Imprimerie Faber standen, werden derzeit die ersten Gebäude einer neuen Wohnsiedlung gebaut. Knapp 100 Einheiten entstehen in direkter Nachbarschaft zum Ortszentrum und läuten damit die Umgestaltung des Stadtkerns ein.
In der daneben liegenden, denkmalgeschützten ,,Villa Faber" wird nach deren Umbau das ,,Mierscher Lieshaus" einziehen. Das herrschaftliche Anliegen soll mit seinem Bering zu einem weiteren Anziehungspunkt in der Ortsmitte werden.
Gleich daneben ist ein weiteres Projekt dabei, realisiert zu werden. Ein Konferenzzentrum mit einem Auditorium für 200 Personen sowie einem Mehrzweckraum für bis zu 400 Leute soll die Rolle der Stadt Mersch im Zentrum des Landes unterstreichen. Auch mehrere kleinere Säle sollen den Raumbedarf für Vereine in einer wachsenden Stadt abdecken. Von dort bis zum ,,Méchelsplaz" mit dem gleichnamigen Turm sind es nur ein paar Schritte.
Wohnungen statt Getreidesilos
Das größte Bauprojekt ist sonder Zweifel auf dem Gelände des ehemaligen Agrocenters vorgesehen. Die Getreidesilos, die während Jahrzehnten das Wahrzeichen der Stadt waren, sind längst verschwunden. Dort entsteht in den kommenden Jahren ein vollkommen neues Wohnviertel. Das als ,,Rives de l'Alzette" bekannte Projekt soll im Endstadium Wohnraum für rund 2 000 Leute bieten.
Die Zukunft auf dem Merscherberg
Jahre wird Für die kommenden sich der Schwerpunkt der Stadtentwicklung zunächst auf den Merscherberg konzentrieren. Die regionale Handelszone Zamid (Zone d'activités Mierscherdall) ist ein Gemeinschaftsprojekt mit den Gemeinden Lintgen und Lorentzweiler und vergrößert das aktuelle Gewerbegebiet auf dem Merscherberg um 23 Hektar. Die Arbeiten an der Zugangsstraße ab dem Kreisverkehr bei der Autobahn haben vor Kurzem begonnen. Zu einem späteren Zeitpunkt wird sie hinunter ins Tal bis nach Beringen verlängert, um dann ihre Rolle als Entlastungsstraße für Mersch zu übernehmen sowie den Ortschaften Moesdorf und Beringen einen direkten Autobahnanschluss zu ermöglichen.
Ebenfalls am Merscherberg wird ein vollkommen neues Sportzentrum entstehen. Obwohl dieses Projekt erst in den Kinderschuhen steckt, sollen die heutigen Fußballfelder aus der Ortsmitte hierher verlegt werden, um Platz zu schaffen für zusätzlichen Wohnraum. Auch weitere zahlreiche Sportarten sollen auf dem Sportcampus zwischen dem Einkaufszentrum und der Autobahn ein neues Zuhause finden.
Lernen & Freizeit
Bei dem Bevölkerungszuwachs ist es nicht erstaunlich, dass ebenfalls neue Schulgebäude wie Pilze aus dem Boden schießen. Am Campus Krounebierg wurde kürzlich erst eine neue Auffangstruktur für die Kinder der dortigen Schule eröffnet. Gleich in der Stadtmitte laufen derzeit die Arbeiten für einen neuen Schulcampus, um die Kapazität nochmals zu erhöhen. Dazu kommt noch eine ganz neue Schule. Die Eimab (Ecole internationale Mersch Anne Beffort), die derzeit noch in provisorischen Räumlichkeiten in der Nähe des Bahnhofs untergebracht ist, richtet sich an eine internationale Gemeinschaft. Sobald der Neubau der ehemaligen Filiale des Dikrecher Kolléisch am Square Marie-Astrid fertig gestellt ist, wird der Umzug in das neue Gebäude vonstattengehen.
In Mersch wird jedoch nicht nur gebaut. Neben dem geographischen Mittelpunkt steht Mersch auch als kultureller Anziehungspunkt im Fokus. Das Centre national de littérature im ehemaligen Servais-Haus ist Anziehungspunkt für alle kulturschaffenden Luxemburger Schriftsteller sowie Archiv für die Werke nationaler Autoren. Das Kulturhaus bietet Veranstaltungen jeglicher Art und hat sich damit einen überregionalen Ruhm erarbeitet, der Liebhaber von nah und fern anzieht. Und dann gibt es da noch eine Attraktion, die Menschen von überall her anzieht: Der Merscher Park ist bekannt und beliebt bei Jung und Alt. Frank Weyrich