Die Wildnis lebt
Die pelzigen Bewohner dieser Region bereiten sich dieser Tage auf die nahende Kälte vor. Schmatzend ergötzen sich die hier heimischen Schwarzbären an saftigen Beeren, Gräsern und Nüssen, gehen auf Lachsfang und schlagen sich den Bauch genüsslich voll, mit allen Leckerbissen, die die Wildnis zu bieten hat, bevor sie sich für die nächsten Monate zur Ruhe legen. Sie teilen sich die fruchtbaren Flussufer mit der größten Hirschart der Welt, dem Elch. Kaum hörbar und nahezu unsichtbar scheinen die Kolosse trotz des massiven Geweihs der Bullen problemlos durch das unebene Gelände des Dickichts zu gleiten. Eine Elchsichtung ist nicht zuletzt wegen der Diskretion der Tiere ein echter Glücksfall – aber definitiv eine Pirschfahrt wert!
Auch Kanadas Nationaltier ist hier zuhause. Der Biber ist der wahre Architekt der Region und er spielt eine bedeutende Rolle in der Verjüngung der Wälder und dem Erhalt eines gesunden Ökosystems. Durch seine bis zu hundert Meter langen Dämme entstehen ganz neue Wasserläufe, Tümpel und Teiche. Biberbaue findet man hier auf Schritt und Tritt – ihre scheuen Bewohner bekommt man leider nur selten zu Gesicht.
Modernes Ontario
Bei den wasserreichsten Kaskaden der Welt hatte der Biber seine Finger – oder, besser gesagt, seine Zähne – aber garantiert nicht im Spiel. Wer die Niagara Fälle während eines Ostkanada-Aufenthalts links liegen lässt, ist selbst schuld! Die unglaublichen Wassermassen, die, zusammen mit dem gleichnamigen Fluss, die Grenze zu den USA bilden, machen sowohl aus der Luft als auch vom Wasser oder vom Land aus eine gute Figur. Ein Aussichtspunkt gewährt Mutigen sogar einen Blick hinter die Absturzkante der kanadischen Horseshoe Falls.
Kein Weg führt an der Millionenmetropole Toronto, kosmopolitisches Zentrum Kanadas und Heimat von über 250 Nationen, vorbei. Farbenfrohe Festivals, tausende Boutiquen, Museen, moderne Architektur sowie ein unterirdisches Netz, das die wichtigsten Schnittpunkte miteinander verbindet, prägen die Stadt. Ähnlich multikulturell zeigt sich Kanadas Hauptstadt Ottawa. Sie ist mit acht Nationalmuseen die Heimat der größten Kulturschätze des Landes. Beeindruckend ist zudem Ottawas mächtiges Regierungsviertel, der Parliament Hill, der, vom Südufer des Ottawa Rivers aus, die Stadt überblickt. Historisches Quebec Den Fluss überquerend befindet man sich von jetzt auf gleich in der französischsprachigen Provinz Quebec – und in Kürze auch bereits in der nächsten Millionenstadt: Montreal! Hier wird das Stadtbild hauptsächlich vom Kontrast aus moderner Architektur, eindrucksvollen Kirchen und französischen und britischen Kolonialbauten bestimmt – und natürlich vom Mont Royal, der der Stadt ihren Namen verleiht.
Mit ihrem altfranzösischen Flair verzaubert zudem die zum Unesco-Weltkulturerbe erklärte Altstadt von Québec City, keine drei Autostunden nördlicher gelegen. Hervorragend erhaltenen Festungsmauern nehmen den Besucher mit auf eine Zeitreise durch eine vom französisch-indianischen Krieg gezeichnete Epoche. Von einer Anhöhe überragt das weltberühmte Château Frontenac den Sankt-Lorenz-Strom – und die Stelle, an der das britische Kontingent die Stadt Quebec 1759 eroberte.
Ab Quebec mündet der Fluss allmählich in den gleichnamigen Golf. Die Verbindung zum nordatlantischen Ozean war es auch, die die frühen Siedler hierherzog. Der älteste Ort Kanadas ist das direkt am Golf gelegene Tadoussac, ein, von französischen Händlern im Jahr 1535 gegründeter Fellhandelsposten. Aber auch große Meeressäuger profitieren hier von besonderen Begebenheiten, die durch den süßwasserspeisenden Fjord Sagueney in den salzwasserhaltigen St. Lorenzstrom entstehen. Für Buckel-, Finn- und Belugawale ein wahres Schlaraffenland – für den Whale Watching-Touristen ein echter Hotspot.
Land der Highlights
Die beiden ostkanadischen Provinzen Ontario und Quebec bieten alles, was man von einer Reise erwarten könnte und lässt kaum Wünsche offen. Vom Kanu- oder Hausbootverleih über Wander- oder Raftingausflüge bis hin zu Skiaufenthalten könnte man hier glatt das ganze Jahr verbringen. Schillernde Weltmetropolen stehen im Kontrast zur Idylle der nahezu unberührten Wildnis, der Geist der noch jungen, aber bedeutsamen Historie des Landes begleitet einen hier auf Schritt und Tritt. Lassen Sie sich von der Geschichte der bis heute existierenden Indianerstämme, der frühen Siedler, des Pelzhandels, der Kolonialmächte und, selbstverständlich, des Ahornsirup-Imperiums begeistern. Nathalie Burg