Das Trendmaterial ist beliebt wie nie
Bereits vor 7 000 Jahren bauten die alten Ägypter entlang der fruchtbaren Ufer des Nils Flachs an. Zu Leinen verwoben wurde daraus praktische Alltagsbekleidung. Wenig später hielt Flachs Einzug in Europa und wurde nun auch hierzulande großflächig angebaut und zu Stoff weiterverarbeitet. Von der Baumwolle verdrängt geriet er jedoch bald in Vergessenheit.
Lange Zeit galten Textilien wie Leinen, Hanf oder Jute als Sinnbild für Hippies und sogenannte „Ökofuzzis“. Hatten wir nicht alle in der Schule diese eine Lehrerin, die stets mit labbrigen Klamotten gebrochen-weißer Farbe zum Unterricht auftauchte?
Nun, wer hätte gedacht, dass der Stoff wieder so zum Trend werden würde. Der Stoff. Nicht der Stil. Denn Form- und Farblosigkeit waren gestern!
Bio und andere Vorteile
Aber was macht das Produkt so beliebt? Zum einen stimmt es wohl, dass Leinen deutlich nachhaltiger und gesünder ist, als andere Stoffe. Denn Flachs benötigt keinerlei Pestizide oder Düngemittel und gibt sich auch schon mit einer weniger guten Bodenqualität zufrieden. Seiner vergleichsweise einfachen Kultivierung und Unempfindlichkeit ist es ebenfalls zu verdanken, dass ein Anbau auch in unseren Breitengraden möglich ist. So kommt es, dass, neben China und Ägypten, Frankreich und Belgien sowie Russland, Weißrussland und die Ukraine zu den größten Anbaugebieten zählen. Die Leinenfaser ist damit die einzige Naturfaser von kontrolliert biologischer Qualität aus heimischem Anbau.
Zum anderen ist Leinen von Natur aus bakterizid und hypoallergen. Es tötet Keime, neutralisiert Gerüche und verhindert die Entwicklung von Bakterien sowie Pilzbefall, was besonders Allergikern und Menschen mit empfindlicher Haut zugute kommt.
Die Faser punktet auch durch ihre problemlose Verarbeitung. Verglichen etwa mit dem zurzeit ebenso beliebten Hanf, lässt sich Leinen deutlich leichter teilen und feiner verspinnen. Dadurch wird der Stoff glatter, was den Tragekomfort der späteren Kleidung ausmacht. Auch als Bettwäsche eignet er sich dadurch hervorragend.
Auch 2022 wieder ein Sommertrend
Wer sich ein wenig für Modetrends interessiert, dem dürfte dann auch bereits aufgefallen sein, dass man Leinen besonders in den Sommerkollektionen der Modehäuser wiederfindet. Das hat einen Grund: Wer an heißen Tagen schnell ins Schwitzen gerät, der ist mit Leinenstoff nämlich gut beraten. Denn das atmungsaktive Material kann 20 bis 30 Prozent seines Eigengewichtes an Flüssigkeit in seine Gewebeoberfläche aufnehmen, ohne sich dabei feucht und unangenehm auf der Haut anzufühlen. Durch diese, von Natur aus integrierte, Feuchtigkeitsregulierung, fühlt es sich bei hohen Temperaturen etwa vier Grad kühler und damit deutlich angenehmer an, als beispielsweise Baumwolle.
Ein paar Dinge gilt es dann doch zu beachten
Im Umkehrschluss ist allerdings zu beachten, dass das Gewebe nach dem Waschen eine längere Trocknungszeit benötigt. Zu beachten gibt es bei der Reinigung selbst hingegen wenig. Ob Kochwäsche oder chemische Reinigungsmittel – Leinen gilt als besonders resistent und strapazierfähig. Vermeiden sollte man lediglich die Verwendung eines Trockners, da trockene Hitze das Material schädigen könnte. So sollte auch beim Bügeln noch ein wenig Restfeuchtigkeit in den Fasern vorhanden sein – nicht zuletzt da der Stoff für seine Knitteranfälligkeit bekannt ist. Aber wenn man ehrlich ist, gehört ein gewisser Faltengrad zur Leinenmode schlichtweg dazu. Das sogenannte „Edel-Knitter“ macht für viele sogar erst den Charme des Materials aus. Nathalie Burg