Advertorial

Luxemburger Planungs- und Baubranche: Zukunft des Bauwesens und der dazugehörigen Ausbildungswege

Table ronde über qualifizierten und motivierten Nachwuchs und die Problematik in anderen Bereichen (z. B. Schulwesen)

ⒸLJBM David Marcus

Die vom Lycée Josy Barthel Mamer (LJBM) in Zusammenarbeit mit dem Ordre des Architectes et des Ingénieurs-Conseils (OAI) und der Chambre des Métiers (CDM) einberufene Table ronde ,,Ausbildung im Bauwesen - Status quo und Zukunft" fand regen Zuspruch. Die Standpunkte und Ansichten der einzelnen Redner lagen zum Teil weit auseinander, doch in einem Punkt waren und sind sich alle Beteiligten einig: Das Land braucht viel neues und gut qualifiziertes Personal, um der steigenden Wohnungsnot entgegentreten zu können!

In der Luxemburger Planungsund Baubranche fehlt jedoch leider gut qualifizierter und motivierter Nachwuchs, eine Problematik, mit der sich in Luxemburg auch andere Bereiche (wie z. B. das Schulwesen) konfrontiert sehen. Ein Ziel der Aussprache anlässlich der Table ronde war es, die aktuelle Situation des Bauwesens und seiner Ausbildungswege darzulegen und die unterschiedlichen Probleme und Gründe dafür aufzuzeigen. Deswegen hatten sich am 20. April ab 17:30 Uhr nicht nur die Vertreter der oben genannten Gremien, sondern auch Herr Minister Meisch persönlich sowie andere Experten der Chambre Immobilière du Grand-Duché de Luxembourg (CIGDL), des Centre de ressources des technologies et de l'innovation pour le bâtiment (CRTI-B) und der Berufswelt eingefunden, um ihre Standpunkte zu erläutern. Der gut gefüllte Raum des Forum Da Vinci und die engagiert und sehr konstruktiv geführte Diskussion verdeutlichten die Brisanz des Themas.

Bei der Begrüßung durch Herrn Pierre Hurt, Direktor des OAI, stellte dieser fest: Es werden in den Mitgliederbüros neue, motivierte Facharbeiter benötigt, und zwar mit unterschiedlichen Abschlüssen, vom Bauzeichner bis hin zum berufserfahrenen Masterabsolventen. Zu den Mitgliedern des OAI zählen Architektenbüros, beratende Ingenieure, Innenarchitekten, Urbanisten und Landschaftsarchitekten. Mit einer Zahl von fast 800 Büros und insgesamt über 5.700 Angestellten in den Büros stellt die Nachwuchsrekrutierung eine nicht unwesentliche Aufgabe des OAI dar. Gerade kleineren Büros (in Luxemburg haben 70% aller Mitgliederbüros weniger als 5 Mitarbeiter*innen) muss hierbei unter die Arme gegriffen werden.


Auch Herr Claude Meisch, Ministre de l'Éducation nationale, de l'Enfance et de la Jeunesse und Ministre de l'Enseignement supérieur et de la Recherche, hatte für die Anwesenden aktuelle Zahlen vorbereitet: Im Laufe eines Kalendarjahres werden knapp 20.000 Arbeitsplätze frei; circa 6.000 Personen gehen in Rente und über 13.000 neue Stellen werden geschaffen. Dem gegenüber stehen in Luxemburg nur circa 6.000 Schul- oder Studienabgänger, die in den Arbeitsmarkt eintreten- die offenen Stellen können also nicht alle besetzt werden. Es muss daher auch das Ziel der Baubranche sein, mit immer weniger Personen mehr und effektiver zu bauen, denn der jetzt schon bestehende Wohnungsmangel wird zu einem immer drängenderen Thema. Der Minister betonte zudem, dass auch schon in der frühen schulischen Ausbildung der Weg hin zu den MINT-Fächern (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik) geebnet werden soll und die Ausstattung der Schulen entsprechend gegeben sein muss, um bei der Jugend schon früh ein Interesse unter anderem an späteren Ingenieurberufen zu wecken.

Mit Herrn Minister Meisch freute sich auch Herr Claude Christnach, Direktor des LJBM, im September das 20-jährige Jubiläum feiern zu können. Das Lycée Josy Barthel Mamer, 2003 noch als Lycée technique Josy Barthel eröffnet, hatte von Anfang an einen seiner Schwerpunkte auf den Ausbildungen für das Bauwesen. Aufgrund seines breiten schulischen Angebots (Klassen im Enseignement secondaire classique, Enseignement secondaire général inklusive Voie de préparation, und Formation professionnelle) war es jedoch nie eine reine „Baufachschule". Wie Herr Christnach in der Folge erläuterte, haben die Klassen des Bauwesens mit den Jahren bedauerlicherweise immer weniger Zuspruch erfahren, und dies trotz aller Bemühungen von Seiten der Schulleitung und Lehrerschaft. Die klassische Ausbildung zum Bautechniker (Génie civil) weist seit langer Zeit rückläufige Schülerzahlen auf die Ursachen hierfür sind jedoch nicht allein in der knapp 10 Jahre zurückliegenden Reform zu suchen. Neben gesellschaftlichen Entwicklungen gibt es sicherlich auch Gründe, die Ausbildung an sich zu hinterfragen. Die Schulleitung des LJBM hat, zusammen mit ihrer Lehrerschaft, in den letzten Jahren versucht, vorhandene Lücken durch das Schaffen neuer Bildungswege zu schließen, und dies sehr erfolgreich. So war nicht nur die Gründung des Brevet de Technicien Supérieur (BTS) auf postsekundärem Level ein voller Erfolg. Zu nennen ist hier vor allem auch die neue Sektion „A3D“, die Architektur mit Design und Nachhaltigkeit kombiniert - eine moderne Ausbildung, die sich zu Recht regen Zuspruchs aus allen Ecken des Landes erfreut. Mittlerweile ist es dank der Sektion „URBS“ (Architecture et Urbanisme) sogar möglich, auf Ebene des Enseignement secondaire classique einen Abschluss mit thematischer Verbindung zum Bauwesen zu erlangen.

Dennoch gibt es mehrere grundlegende Probleme, mit deren Aufarbeitung sich das LJBM konfrontiert sieht. Die Auffrischung der Bautechnikerausbildung (Génie civil), in Zusammenarbeit mit dem Service de Coordination de la Recherche et de l'Innovation pédagogiques et technologiques (SCRIPT) und den Kammern, erweist sich als komplex und schwerfällig. Die anfallende Mehrarbeit stellt einen nicht unerheblichen Aufwand für die Lehrer dar. Dazu kommen infrastrukturelle Probleme; das LJBM stößt seit Jahren räumlich sowie personell eindeutig an seine Grenzen (klar daran zu erkennen, dass die BTS-Klassen seit Jahren ausgelagert sind und mittlerweile ihr Zuhause auf dem Campus der Universität in Belval gefunden haben).

Auch die zunehmende Digitalisierung und die damit verbundenen Herausforderungen erschweren den schulischen Alltag in Mamer. Jahrelang verhallten die Rufe der Schulleitung nach zusätzlicher Unterstützung, nach weiteren Ressourcen sowie einer Auffrischung der Infrastrukturen ungehört. Gegen die leider etwas simplistische Sicht der Gesellschaft, welche die Bauberufe generell als wenig attraktiv vorverurteilt, anzukämpfen, überschreitet sowieso bei Weitem die Möglichkeiten des LJBM. Dies gilt auch für die Aufsplitterung der Ausbildung für den gesamten Baubereich auf viele weitere Schulen in Luxemburg; der Gebäudetechniker wird im Atert Lycée Rédange ausgebildet, Zimmermann, Dachdecker, Blechschmied und Maler im Lycée Technique du Centre usw. Auch die diversen Zentren (Centre National de Formation Professionnelle Continue, Institut de Formation Sectoriel du Bâtiment, Les Centres de Compétences de l'Artisanat) erschweren eine koordinierte und einheitliche Ausrichtung der Bildungswege. Infolgedessen hat das Bauwesen keinesfalls die Außendarstellung, die andere Berufsbereiche durch eine spezialisierte Schule haben, wie z. B. die École d'Hôtellerie et de Tourisme du Luxembourg (EHTL) für den HORESCA-Bereich.


Gerade in Anbetracht der aktuellen Nöte und Krisen liegt der Gedanke an das Schaffen eines Baufachkompetenzzentrums nahe, das dann alle thematisch passenden Ausbildungswege an einer zentralen Stelle bündeln würde und dann für alle Beteiligten eine klare erste Anlaufstelle darstellen würde. Diese Rolle kann das LJBM aufgrund seiner aktuellen Situation und einer mittlerweile eher wissenschaftlichen Ausrichtung so nicht übernehmen - die Lage in Mamer ist also in vielerlei Hinsicht unbefriedigend.

Nach dieser Darstellung durch Herrn Christnach erläuterte Felix Mores, Vorsitzender der „Association des Anciens et Amis du LJBM" und selbst ehemaliger Schüler des LJBM, in einem flammenden Plädoyer seine Meinung zur Qualitätsanforderungen in den Bauberufen. Er sieht das Interessante an seinem Beruf weniger in der Planung als vielmehr bei der Bauleitung, und unterstreicht, dass es im Luxemburger Bauwesen oft an Kommunikation zwischen Planung und Ausführung mangelt. Dem kann nur mittels einer gut qualifizierten Projektsteuerung begegnet werden. Er pocht auf eine integrierte Praxiserfahrung der Jugendlichen, durch zum Beispiel Praktika in Bau- und Handwerksbetrieben oder ein gezieltes Trainee-Programm in Planungsbüros. Ausführung und Planung müssen wieder miteinander reden lernen." Eine erfolgreiche Kommunikation erfordert jedoch sprachliches und fachliches Verständnis für die Belange des jeweiligen Gegenübers. Auch er bedauerte, dass, im Gegensatz zu seiner Schulzeit, aktuell nur noch wenige Interessenten den Weg der Bautechnikerausbildung einschlagen wollen.

Klar ist, dass man die unterschiedlichen Wege in der Bauausbildung den interessierten Schüler*innen deutlicher aufzeigen muss. Hierfür engagiert sich der OAI zum einen gemeinsam mit dem LUCA in Gemeindeschulen sowie in Verbindung mit dem Science Center mittels Workshops für etwas ältere Schüler*innen. Michelle Friederici, Vorsitzende des OAI, gesteht zwar ein, dass Praktikanten durch den erhöhten Betreuungsbedarf gerade in kleinen Büros zunächst einen Mehraufwand verursachen, verweist aber darauf, dass sich dieser später meist für die Büros auszahle. Oft sind ein Praktikum und ein gegenseitiges Kennenlernen der beste Weg, interessierten und motivierten Nachwuchs zu rekrutieren. Auch Jean-Paul Scheuren, Vorsitzender der CIGDL, forderte unmissverständlich, dass die Firmen ihren Beitrag in der Leistung beitragen müssen.

In diesem Sinne fasste Pierre Hurt als Konsens zusammen, dass
• das Image der Bauberufe in der Gesellschaft positiver werden muss,
• der Praxisbezug sowie fächerübergreifender Sprachunterricht in der Lehre und Ausbildung forciert werden muss und
• Luxemburg ein Baufachkompetenzzentrum benötigt, mit dem Ziel, Nachwuchs für Betriebe und Büros zu motivieren und kohärent und praxisnah auszubilden.

Gespräche und konkrete Projekte mit allen Beteiligten werden in diesem Sinne von OAI und LJBM weiter vorangetrieben.

Claude Christnach, Directeur LJBM Pierre Hurt, Directeur OAI