Die „Jungen“ Parteivertreter und die Young PlannersOAI traten selbstbewusst auf, als sie sich am 19.06.2023 zum Rundtischgespräch im Forum Da Vinci einfanden. Das Ziel war es, nun, im Wahljahr 2023, mit „The Next Generation“ über deren Zukunftserwartungen, -wünsche und Sichtweisen zu sprechen und deren Meinung über die 12 speziell zu den Wahlen 2023 aufgesetzten Leitlinien des OAI zu erfahren.
Der Hausherr, Pierre Hurt, begrüßte die 7 Vertreter:innen der Jungen Parteien, die 2 Vertreterinnen der Young PlannersOAI, Prof. Dr. Florian Hertweck, Architekt und Direktor des Masters in Architektur der Uni Luxemburg, Michelle Friederici, Präsidentin, sowie Marc Feider, Vizepräsident des OAI und die über 70 Gäste, die sich zu der Veranstaltung. eingefunden hatten. Pierre Hurt verwies darauf, dass eine neue Dynamik gefordert wird, um den gesamten Bausektor nicht abzuwürgen, denn gegenüber 7/2021 ist der Wohnungsbau in 1/2023 um 41% gesunken.
Folgende Fragen hatten die Vertreter der Jungen Parteien zur Vorbereitung bekommen:
1) Ihr persönlicher Hintergrund (und Ihre Kenntnisse/Erfahrungen mit der Welt der OAI-Berufe).
2) In welcher Rolle sehen Sie sich in einer zukünftigen Regierung und mit ihrer Vision des Zusammenlebens in unserer Gesellschaft?
3) OAI-Vorschläge: Welche Vorschläge sind Ihnen besonders aufgefallen und wie könnten sie konkret umgesetzt werden?
Als weitere Frage an alle jungen Politiker stellte Florian Hertweck, Architekt und Direktor des Masters in Architektur der Uni Luxemburg, die, nach der persönlichen Vision.
Michael Agostini (DP)
Hat in Deutschland, an der TU Kaiserslautern Ingenieurswissenschaften studiert und an Projekten wie der Porte de Hollerich mitgearbeitet. Er ist sich der Problematiken, die im Bau bestehen, bewusst und vertritt die Meinung, dass eine qualitativ hochwertige Auswahl an Architekten für die Gemeinden wichtig ist.
Vision: Er sieht die Orientierung am nationalen Ressourcenverbrauch als falsch. Sozialsystem braucht Wachstum, aber mit nachhaltigen Qualitätsmerkmalen
Fabricio Costa (DEI GRENG), 28, bezeichnet sich selbst als „Städter“, hat Umweltpolitik studiert und arbeitet seit 4 Jahren für die Partie DEI GRENG. Bauerfahrung hat er eher weniger beruflich, wohl aber bei eigenen Umbaumaßnahmen gesammelt.
Wenn er die Wahl hätte, würde er sich als Finanzminister sehen. Von den 12 Proposen des OAI spricht ihn besonders die Suffizienz an. Hierin sieh er auch seine Vision: In einer nicht rein auf Wachstum des PIB setzenden Wirtschaftsform, in eine klimaneutrale Zukunft.
Mathis Godefroid (PIRATEN), 24, bereits im Gemeinderat zu Hesper. Er könnte sich vorstellen, als Educationsminister tätig zu werden. Er plädiert für grünes Bauen. Als Ziel sieht er die administrative Vereinfachung, Digitalisierung als Basisaufgabe seiner Partei. Bei den derzeitigen Problemen im Bausektor sieht er den Staat in der Pflicht.
Vision: Kein Verdammen des Wachstums, er hätte beispielsweise das Ziel, dass Luxemburg Vorreiter bei der Mikrochip-Produktion wird.
Max Molitor (LSAP), 26, wohnt zu Kehlen, hat in München Ökonomie studiert, arbeitet jetzt aber wieder in Luxemburg. Sieht, gerade in seinem Alter, die Logementsproblematik als eines der wichtigsten Themen in Luxemburg. Ihn spricht der OAI-Vorschlag der administrativen Vereinfachung an.
Vision: ökonomisch gesehen sieht er die Grenze des Wachstums. Der Mensch gehört in den Mittelpunkt, in dem der reine Kapitalismus des freien Marktes falsch ist.
Tania Mousel (DEI LENK) hat selbst Ökonomie und Soziologie studiert und sieht sich in erster Linie kapitalismuskritisch. Gefragt nach ihrem Wunschministerium, würde sie die Kulturministerin stellen. Von den Vorschlägen des OAI spricht sie die Suffizienz am meisten an, da ein Umdenken und näheres Zusammenrücken einen Weg in eine nachhaltigere und sozial gesündere Gesellschaft weist.
Vision: Weg vom Kapitalismus, andere Bewertungsmaßstäbe, zum Beispiel: den Happiness-Index
Luc Theisen (CSV), hat selbst Bauingenieurwesen studiert, war Mitglied der Bautenkommission. Seit 2 Jahren arbeitet er an Bauprojekten. Als Minister sieht er sich für Mobilität und Traveaux Publiques tätig. Die Proposen des OAI sprechen ihn alle an, unterstreicht aber, dass sich mit einer Simplifikation im Administrativen Bereich die Baukosten senken lassen könnten.
Vision: Keiner soll durchs soziale Raster fallen, jeder, der arbeiten will, soll davon leben können. Sieht als Strategie für Luxemburg die Möglichkeit, als Vorreiterrolle mit kurzen Entscheidungswegen, auch experimentelle Maßnahmen schnell umsetzen zu können.
Maks Woroszylo (ADR), hat durch ein Praktikum bei Best-Ing. Einblick ins Bauwesen bekommen, in Wien Maschinenbau studiert und ist derzeit für die Fraktionsarbeit der ADR tätig. Er würde den Minister für Digitalisierung und Energie stellen. Aus diesem Grunde sieht er auch den Punkt der administrativen Vereinfachung als wichtigste Maßnahme.
Vision: Mehr Offenheit für technische Entwicklung. Wenn mehr Personen ins Land kommen, muss mehr gebaut werden. Ein Ziel ist die Steigerung der Produktivität.
Interessant zu sehen, dass auch die kommende politische Generation vielfältig und überlegt ist. Immerhin, ginge es nach den Jonken Politikern, würden viele unterschiedliche Ministerien eine Besetzung finden.
Nach diesen kurzweiligen und teilweise kontroversen Vorstellungen bekamen auch die beiden YoungPlannersOAI die Möglichkeit, ihre Visionen der zukünftigen Politik zu präsentieren. Dies mittels der folgenden Fragen:
1. Ihre Kenntnisse / Erfahrungen mit der politischen Welt.
2. Beschreiben Sie Ihre berufliche Praxis: Herausforderungen, positive und negative Aspekte.
3. Ihre Bestrebungen und Forderungen an die Politik, um Ihre Berufung zur Gestaltung eines gerechten, widerstandsfähigen und qualitativ hochwertigen Lebensumfelds wahrnehmen zu können.
Jil Bentz ist seit 4 Jahren selbstständige Architektin. Als Selbstständige sind die Berührungspunkte mit der Politik zahlreich, sowohl auf nationalem Niveau (wegen der einzuhaltenden Gesetze) als auch auf kommunaler Ebene (bezüglich Bauanträgen). Das Klientel ist unterschiedlich, ob um junge bauwillige Menschen oder Gemeinden, die mittels Concouren Aufträge vergeben. Hierbei ergibt sich das Problem, dass Büros schon Erfahrung bei speziellen Bauaufgaben nachweisen müssen, ohne die Chance zu bekommen, diese Erfahrung sammeln zu dürfen.
Nathalie Müller ist Angestellte Bauingenieurin bei Schroeder et Associés, Kontakte mit der Politik hat sie vor allem mit Schöffenräten. Sie findet den Austausch mit der Politik extrem wichtig. Ist für eine ganzheitliche Materialauswahl der Baumaterialien, auch wenn diese anfangs zunächst teurer erscheinen, werden sie sich langfristig als günstiger herausstellen. Es kommt auf die Qualität und weniger auf den Preis an.
Um Preise zu senken, wäre die administrative Vereinfachung der erste Schritt.
Im Anschluss stellte die Präsidentin und der Vize-Präsident des OAI mit einem Augenzwinkern die Frage in den Raum, welche/r der Politiker/innen denn das zukünftige Bauministerium leiten wolle. Die Schaffung eines Ministeriums, das das gesamte Bauwesen unter sich vereint, entsprechende Gesetze schreibt und die unterschiedlichen Interessensakteure unter ein Dach bringt, sei für die Bewältigung der immer brisanter werdenden Aufgaben überfällig.
Diesem stimmt Luc Theisen (CSV) zu mit dem Ziel, das nachhaltige Bauen zu unterstützen, das Logement zu stärken und alle Kräfte unter einem Ministerium zu gruppieren.
Michael Agostini (DP) unterstreicht dies. Ein Bauministerium könne auch für kleinere Gemeinden interessant sein, die oft mit den eigenen Projekten überfordert sind. Bei den Gemeinden sieht er das Problem der Doppelmandate bei Gemeindeverantwortlichen.
Ein Exkurs zum Mut und eventuellem Scheitern einer Selbstständigkeit, ob als Handwerker oder als Young PlannersOAI facht die Diskussion an. Braucht ein junges Planungsbüro ein eher Anschubhilfe und mehr Chancen und Vertrauen seitens Bauherren wie den Gemeinden? Fest steht, jeder, der sich traut, den Schritt in die Selbstständigkeit zu gehen, soll entsprechende Unterstützung erfahren. Sollte das Projekt der Selbstständigkeit scheitern, bedarf es keiner weiteren finanziellen Sanktionen.
Im Gegensatz zu den oben erwähnten Young Planners seien die meisten internationalen Stararchitekten mittlerweile lediglich Angestellte, Dienstleister und nicht mehr Eigentümer ihrer eigenen Büros, so Florian Hertweck. Er unterstreicht den öffentlichen Auftrag der Architekten.
Das Publikum bringt anschließend noch einige Aspekte in die Diskussion. Es wird über zu hohe Preise bei Mieten diskutiert, nicht zuletzt aufgrund der derzeit auch stockenden Projekte im Bausektor trotz steigender Nachfrage.
Anregungen wie „Better living together“ als Aufruf für experimentelle Bau- und Wohnformen oder der Wunsch zu einer neuen Sozialform des Teilens, weg vom Konsum werden vom Publikum geäußert.
Was bleibt von einem solchen jungen, aber hoch qualitativen Runde-Tisch-Gespräch? Pierre Hurt fasst es so zusammen:
Es gab viele gute Vorschläge von den jungen Politikern. Das offene gegenseitige Ohr zwischen Politikern und Planern ist auf jeder Ebene wichtig. Der OAI ist positiv gestimmt gegenüber der heranwachsenden Generation der Politiker, da diese die 12 Propositionen des OAI weitgehend mittragen wollen. Digitalisierung und administrative Vereinfachung standen dabei im Vordergrund und fanden allseits Unterstützung. Der Ruf nach qualitativ hochwertiger Suffizienz findet weitgehend Anklang denn das Umdenken des bestehenden hoch regulierten Systems, das auf reines Konsumwachstum aus ist, läuft aus und muss durch ein qualitatives Wachstum ersetzt werden.
Die Wahlen am 8. Oktober werden die Richtung vorgeben! Dann wird vielleicht schon eine/r der/die an diesem Abend am Tisch saß, mitregieren können? Vielleicht sogar im neu zu schaffenden Bauministerium…
Pierre Hurt schlug vor, dass alle Vertreter/innen der Jugendsektionen der Parteien ihre Stellungnahmen zu unseren Vorschlägen auf einer Seite abgeben sollten. Sie werden auf www.oai.lu veröffentlicht.