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Esch/Alzette baut sich auf Basis seiner Vergangenheit auf

„Das Land der roten Erde“ ist eine der klassischen Beschreibungen des Luxemburger Südens. Die größte Stadt der Region – zweitgrößte des Landes – und somit Mittelpunkt der Minette ist Esch/Alzette. Die jüngere Geschichte hat aus der Industriestadt eine aufstrebende und lebenswerte Ortschaft gemacht.Esch wurde bereits 1328 unter Johann dem Blinden zur freien Stadt erklärt. Allerdings hat dieser Titel sie nicht davor bewahrt, während der Französischen Revolution wieder zu einem einfachen Dorf zurück gestuft zu werden. Die Entdeckung des Eisenerzes hat dann den endgültigen Aufschwung gebracht und die Bevölkerungszahl explodierte förmlich. Diese Entwicklung führte denn auch dazu, dass Esch im Jahre 1906 wieder in den Rang einer Stadt erhoben wurde. Der Niedergang der Stahlindustrie in den 1970er-Jahren bedeutete einen schweren Schlag für die gesamte Region.

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Aus den Ruinen auferstanden


Doch auch die dadurch entstandenen Industriebrachen haben sich im Nachhinein als Chance für die Weiterentwicklung entpuppt. Das wohl am weitesten gediehene Viertel ist das landbekannte Belval. In einer ungewöhnlichen Mischung aus Industriezeitzeugen und Innovation haben sich hier kreative Stätten entwickelt, allen voran die Universität. Auch kulturelle Hochburgen wie die Rockhal sind aus dem Boden geschossen. Wenn auch nichts hartnäckigerist als Vorurteile, so sollte trotz allem wiederholt werden, dass Esch nur noch wenig gemeinsam hat mit den Tagen, die von Eisen und Stahl geprägt wurden.

So ist fast die Hälfte des Gemeindegebietes von Wald und anderen Grünflächen bedeckt. Georges Mischo, seit November 2017 Bürgermeister der zweitgrößten Stadt im Land, umschreibt sie nicht ohne Stolz: „Wir haben ein relativ kleines Gemeindegebiet und doch haben wir alles zu bieten. Wenn man will, kann man in Esch alles zu Fuß machen. Einkaufen, Arbeiten, Freizeit, alles ist auf kurzen Wegen zu erreichen.“

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Viel Natur in direkter Nähe

Besonders zwei Gebiete sollen dabei hervorgehoben werden. Der Ellergronn, die grüne Lunge der Stadt, ist ein Naturschutzgebiet, das auf dem Gebiet ehemaliger Erzabbaugruben entstanden ist und heute nicht nur für Fauna und Flora ein idealer Standort ist. Auch Naturliebhaber oder Wanderer können sich hier erholen und in direkter Nähe zur Stadt die Ruhe und die Natur genießen. Der Gaalgebierg hat heute außer seinem Namen nichts Furchterregendes an sich. Ganz im Gegenteil ist es das liebste Kind der Escher. Hier oben, über der Stadt, ist im Laufe der Zeit ein beliebtes Naherholungsgebiet entstanden. Neben einem angelegten Park besteht auch die Möglichkeit zu abwechslungsreichen Spaziergängen in den Wäldern. Wird der Ellegronn gerne als grüne Lunge bezeichnet, so hat der Gaalgebierg das Prädikat „Ruheoase“ verdient.

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Georges Mischo ist Bürgermeister seit 2017. Foto: Luxemburger Wort

Kultur & Sport

Dieses Jahr ist für Esch ein ganz besonderes Jahr. Unter der Überschrift „Esch 2022“ präsentiert sich die Minettemetropole nämlich als europäische Kulturhauptstadt. Neben der rein kulturellen Angelegenheit wird großer Wert auf die Teilnahme der Bürger gelegt. Es soll vor allem ein Startschuss sein, um der ganzen Gegend rund um Esch neuen Elan zu verschaffen.

«Wir haben in Esch eine äußerst vielfältige Multikulti-Szene mit einer hohen Zahl an verschiedenen Nationalitäten, die hier wohnen & die das tägliche Leben aktiv mitgestalten.»

Neben der Kultur, die derzeit besonders groß geschrieben wird, legt Mischo aber auch Wert auf eine andere Art der Kultur. „Wir haben in Esch eine äußerst vielfältige Multikulti-Szene mit einer hohen Zahl an verschiedenen Nationalitäten, die hier wohnen und die das tägliche Leben aktiv mitgestalten.“ Dass Sport in den Zukunftsplänen nicht zu kurz kommen darf, ist bei einem ehemaligen Sportlehrer als Bürgermeister fast schon selbstverständlich. So steht in Lankelz der Bau einer Sportarena mit bis zu 2 000 Zuschauern in den Startlöchern. Auch das Sportmuseum soll dort seine Bleibe finden. „Es war höchste Zeit, dass etwas passiert“, meint der 48-jährige Mischo. „Einige unserer Sporthallen stammen noch aus den 1970-er-Jahren und sind auch in einem entsprechenden Zustand.“ In diese Reihe passt auch die neue Sporthalle in Lallingen.

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Zukunft im Anmarsch

Auf dem ehemaligen Gelände des Stahlwerks „Terres Rouges“ soll auf mehr als zehn Hektar ein ganz neues Stadtviertel entstehen, mit allem was dazu gehört. Das Projekt, das auf den Namen „Rout Lëns“ getauft wurde, sieht vor, dass Wohnungen für bis zu 3 700 Bewohner ergänzt werden durch Freizeitanlagen, Läden und Dienstleistungen, ja sogar an eine Schule und einen Kinderhort wurde gedacht. Großzügige Grünflächen lockern das gesamte Gebiet auf. Die ersten Wohnungen sollen 2025 bezugsbereit sein, während das gesamte Viertel bis 2035 fertig gestellt sein soll. Auch in den „Nonnewisen“ sollen weitere Einfamilienhäuser sowie Wohnungen entstehen, vor allem mit sozialem Schwerpunkt.

Ein anderer großer Wurf reift derweil auf der Brache des ehemaligen Stahlwerks Esch-Schifflingen heran. Auf sage und schreibe 61 Hektar besteht die Möglichkeit, ein weiteres neues Escher Viertel entstehen zu lassen. Nach ersten Schätzungen könnten dort in Zukunft 10 000 Menschen wohnen. Bis es so weit ist, muss allerdings noch etliche Vorarbeit geleistet werden, von Altlasten, die entfernt werden müssen bis hinüber zu Konzepten an Mobilität, Nachhaltigkeit oder Wohnkomfort. „Das neue Wohngebiet wird zu einer großen Herausforderung an die gesamte Infrastruktur“, fügt Mischo hinzu.

Die Alzette als Lebensader

Die längste Fußgängerzone des Landes erstreckt sich auf mehr als einem Kilometer quer durch die Stadt. Ausgehend vom Boulevard Prince Henri im Westen zieht sie als Rue de l’Alzette an der Place de la Résistance vorbei bis zum Rathaus, um dann in der Rue Helen Buchholtz aufzuhören. Nur die wenigsten der Fußgänger ahnen, dass sie auf der ganzen Länge über der Alzette wandeln, die unterhalb der Straße fließt. Hier wird der Name „Esch-sur-Alzette“ wortwörtlich wahr. Der Wasserlauf soll flussabwärts nach seinem unterirdischen Intermezzo in Zukunft wieder in einen naturnahen Zustand versetzt werden. Bereits Wirklichkeit wird die Renaturierung im Naturschutzgebiet „Am Pudel“. Ein weiteres Projekt betrifft den Abschnitt vom Schloss Berwart an, an der Industriebrache Schifflingen vorbei, bis zum Cactus Supermarkt.

Auch wenn demnächst ein neuer Slogan für Esch werben soll, so heißt es bis auf Weiteres „Ma ville, ma vie“ und angesichts der vielen Vorteile, die sie zu bieten hat, dürfte sich mancher für sein Leben in dieser Stadt entscheiden. Frank Weyrich